Moldawien 2023
12.12.2023 - 15.12.2023
Ja gut ne, schon über 1 Jahr her, aber trotzdem nehme ich mir die Zeit, jetzt noch über die Moldawienreise im Dezember 2023 zu schreiben.
Who the f is Moldova?
Ja um was für ein Land geht es überhaupt? Bekannt ist dieser Landstrich zwischen Rumänien und der Ukraine unter vielen Namen. Offizieller deutscher Staatsname ist Republik Moldau, auf rumänisch Republica Moldova. Besser bekannt in Deutschland ist es unter dem Namen Moldawien. Das Land wurde 1991 unabhängig, zuvor war es ab 1940 Teil der Sowjetunion. Mit der Unabhängigkeitserklärung flammte auch gleich ein Konflikt auf. Das Gebiet östlich des Flusses Dnister spaltete sich ab, was zu einem militärischem Konflikt führte. 1992 wurde ein Waffenstillstand geschlossen, seitdem ist dieser (noch dünnere) Landstrich de-facto ein unabhängiges Land, das aber international nicht anerkannt wird. Gestützt wird dieses Land, welches als Transnistrien bekannt ist, nur von Russland, die dort auch Soldaten stationiert haben. Durch diesen Konflikt sind etwa 12% der Bevölkerung und 10% der Landesfläche nicht unter der Kontrolle der Regierung in Kischinau. Kischinau (rum.: Chișinău) ist die Hauptstadt des Landes und mit etwa 530.000 Einwohnern zugleich die größte. Der Tourismus ist mit etwa 36.000 Besuchern im Jahr 2022 faktisch nicht vorhanden. Und den-noch kamen zwei Helden auf die Idee, im Dezember 2023 nach Moldawien zu fliegen.
Die Reisevorbereitung
Die Helden, namentlich Herr Johannes Kettner (aka Klaus) und Herr Julian Stadtherr, kamen angesichts der erfolgreichen Nordbalkanrundreise im April 2023 auf die Idee, analog zur im Vorjahr durchgeführten Bratislava-Reise, dass zu einem würdigen Abschluss des Jahres 2023 noch eine Reise her muss. Relativ schnell kam die Idee einer Reise nach Kischinau. Klaus und mir war Moldawien bisher aus den zahlreichen legendären Beiträgen beim Eurovision Song Contest bekannt. Den endgültigen Anreiz gaben wohl letztendlich Zdob şi Zdub & Advahov Brothers mit ihrem Lied Trenulețul, dem aus unserer Sicht zweitbesten Lied des ESC 2022. Perfekt zu dieser Reiseplanung entschloss sich die moldawische Airline FlyOne ab 2023 auch München anzufliegen, wodurch ein Direktflug möglich war. Nach einer etwas längeren Termindiskussion wurden letztendlich Anfang November der Flug und das Hotel gebucht. Das Hotel lag etwa 20 Gehminuten vom Zentrum entfernt. Langsam aber sicher näherte sich der Tag des Abflugs…
Der Flug nach Kischinau
Die Reise begann, wie allen guten Reisen, an einem nebligen und leicht winterlichen Dienstag in der südlichen Oberpfalz. Vom extremen Schneefall der Vorwochen war nicht mehr viel übrig, wodurch glücklicherweise der Flughafen München tatsächlich auch ordnungsgemäß in Betrieb war. Die Fahrt mit dem Spezialtaxi führte in das bescheidene Dorf Eggmühl. Bekannt durch eine napoleonische Schlacht und durch den Bahnhof an der Bahnstrecke München-Regensburg. Da das benachbarte Schierling offenbar auch was von der Geschichte und dem Bahnhof haben wollten, gliederten sie das Dorf einfach 1978 in ihren Markt ein und bedienten sich am Kuchen. Seit 2018 fährt ab Regensburg (meistens zumindest) stündlich der Überregionale Flughafenexpress (ÜFEX). Dieser führt die Opfer (auch Bahnkunden genannt) an der Bahnstrecke ohne Umstieg direkt zum Bahnhof München Flughafen Terminal, welcher genau in der Mitte des Flughafens liegt. Da die DB international für ihre Zuverläs-sigkeit bekannt ist, entschlossen wir uns, sicherheitshalber einen früheren Zug zu nehmen. Gegen 12:40 Uhr kamen wir (mit nur wenigen Minuten Verspätung, chapeau!) am Flughafen an. Während der Zugfahrt genossen wir unser yfood (keine Produktplatzierung), da Essen am Flughafen in erheblichem Maße überteuert ist. Am Flughafen angekommen, stellten wir fest, dass die Gepäckaufgabe erst ab 13:20 Uhr möglich ist, weswegen wir sehr langsam vom Bahnhofsbereich im Munich Airport Center (MAC) Richtung Terminal 1, Bereich A gingen. Nachdem wir das Gepäck aufgegeben hatten, gingen wir in den Bereich C zur Sicherheitskontrolle mit anschließender automatischer Passkontrolle. Im Gatebereich mussten wir dann noch etwa 90 Minuten auf das Boarding warten, was mir die Möglichkeit gab, mir ein Wasser für 4,50€ (zzgl. 0,25€ Pfand, irrsinnigerweise auch im zollfreien Abreisebereich) zu kaufen. Die Wartezeit verging allerdings relativ schnell. Es ging an Bord einer Boeing 737-8H6 der ukrainischen Billigfluggesellschaft SkyUp Airlines, deren Maschinen wohl von FlyOne geleast wurden. Gegen 19 Uhr (Ortszeit, Zeitverschiebung +1) landeten wir sicher am Flughafen Kischinau (damals noch KIV, jetzt RMO). Mit dem Bus ging es zum Ankunftsbereich, was direkt einen neuen Stempel im Reisepass bedeutete. Denn in Moldawien legt man noch Wert auf den physischen Eintrag im Souvenirbuch. Unser Gepäck kam auch sicher an und so erreichten wir bereits nach etwa 10 Minuten den Ausgang des Sicherheitsbereiches. Dort wartete auch schon unser Fahrer. Ohne Umwege ging es direkt ins Hotel für uns…
Abendprogramm in Kischinau
Am Hotel angekommen kam es zunächst zu einem kleinen Zwischenfall beim Check-in. Die Rezeptionistin gab den falschen Betrag in den Kartenleser ein und buchte versehentlich zu viel ab. Der Fehler wurde aber relativ schnell bemerkt und korrigiert. Im Anschluss bezogen wir unser Zimmer. Relativ schnell ging es aber auch wieder nach draußen; schließlich wollten wir ja auch noch speisen. Unweit vom Hotel befand sich die Gastrobar, in der wir einen Platz fanden. Zum Auftakt des Abendessens gab es erstmal eine Flasche Wein. Weinbau hat in Moldawien Tradition und stellt eines der wichtigsten Exportartikel dar. Zum Abendessen gab es bei mir gegrilltes Schweinefleisch in einer süßlichen Marinade mit Bratkartoffeln. Untermalt wurde das Abendessen von einer Katze, die im Restaurant chillte. Im Anschluss, gegen 22 Uhr, entschlossen wir uns noch dazu, Kischinau etwas zu erkunden. Erster Halt war ein Geldautomat, der einen überraschend guten Kurs führte. Bezahlt wird in Moldawien mit Lei, wobei viele Restaurants und Geschäfte in Kischinau auch Kartenzahlung akzeptieren. Als nächstes ging es noch zum Triumphbogen und der Statue von Ștefan cel Mare im naheliegenden Garten. Ebenfalls neben dem Triumphbogen befindet sich das Parlament. Da es allerdings schon relativ spät war, ging es für uns noch in eine zuvor von mir recherchierte Bar. Dort gab es Bier in 1-Liter-Größe und dazu einen gratis Snack und das umgerechnet für gerade einmal 5 Euro. Getreu dem Motto „liberté, egalité, feieramdhoibé“ wurde der Abend amtlich ausgeklungen, ehe es zurück ins Hotel ging für einen wohlverdienten Schönheitsschlaf.
Geführter Tagesausflug
Der Mittwoch begann mit dem Frühstück im Hotel. Das Buffet übertraf wirklich unsere Erwartungen. Inoffizielles Highlight war ein Joghurt, der einfach in Weißrussland produziert wurde. Nachdem wir uns frisch gemacht haben, ging es auch schon los. Wir hatten auf TripAdvisor eine geführte Tour gebucht. Planmäßig holte uns Nicolai, unser Guide, am Hotel ab. Zunächst ging es zu einem anderen Hotel, an dem wir die Iren Denis und Karen aufgabelten, die ebenfalls diese Tour gebucht haben. Über wunderbare Landstraßen (Autobahnen wurden in Moldawien noch nicht erfunden) ging es zum ersten Ziel der Reise, dem Kloster Curchi, etwa 50km nördlich von Kischinau. Die orthodoxe Klosteranlage wurde im Jahre 1773 errichtet. Auf dem Gelände befinden sich zwei Kirchen, die Sommer- und die Winterkirche. Während der Sowjetzeit diente die Anlage als psychiatrisches Krankenhaus; entsprechende Überreste sind noch auf dem Gelände vorhanden. Die Winterkirche weist einen geräumigen und schön dekorierten Altarraum auf. Zudem gibt es einen kleinen Souvenirshop, wo entsprechende Suveniri erhältlich sind. Weiter ging es in die historische Siedlung Orheiul Vechi (Alt-Orhei). Diese Siedlung liegt auf einem Hügel oberhalb des Răut-Flusses. Ansiedlungen bestehen seit der Steinzeit; zudem wurde im 17. Jahrhundert ein orthodoxes Höhlenkloster gegründet. Im 20. Jahrhundert erfolgten Ausgrabungen, die Hinweise auf das frühmittelalterliche Leben in diesem Gebiet brachten. Heute ist Orheiul Vechi die einzig nominierte kulturelle Welterbestätte des Landes und die bekannteste Sehenswürdigkeit. Nach Besichtigung des Höhlenklosters und der Kirche auf dem Bergplateau gab es ein Mittagessen in einem traditionellen Restaurant in der Siedlung. Nach dem Essen ging es langsam weiter zur letzten Station der Tour, der Weinkellerei in Cricova. Das unterirdische Stollensystem erstreckt sich auf eine Länge von 120km, die zur Hälfte für Weinlagerung benutzt wird. Ebenfalls wird hier Schaumwein analog der Méthode champenoise hergestellt. Für Besucher gibt es Führungen mit Golfcarts durch die Anlage. In einem Raum findet sich eine Weltkarte mit zahlreichen Politikern, die die Anlage bereits besucht haben. Im Anschluss an die Führung gab es selbstverständlich auch eine kleine Weinprobe in einem der zahlreichen Degustierräume. Serviert wurden Rotwein, Weißwein, Rosé und der berühmte Schaumwein. Nach der Besichtigung fuhren wir zurück nach Kischinau, mitten in den Feierabendverkehr, wodurch sich die Ankunft verzögerte. Die Tour war insgesamt definitiv ihren Preis wert. Nicolai war ein sehr netter Guide, der uns viel über die besuchten Orte und die Geschichte Moldawiens erzählen konnte und uns während der Fahrt mit moldawischer Musik unterhielt. Allem voran natürlich Dragostea din tei, dem wohl bekanntesten Lied aus Moldawien. Auch das Gespräch mit den irischen Mitreisenden bot einen hohen Unterhaltungswert, was uns zu dem Entschluss brachte, in absehbarer Zeit einmal nach Irland zu reisen. Der Abend endete bei einem gemütlichen Abendessen in einem Pub mit tschechischem Bier, danach ein wenig Champions League im Hotelzimmer.
Besichtigung der Stadt Nummer 2
Am dritten Tag unserer Reise ging es zunächst wieder zum Frühstück. Im Anschluss ging es zunächst auf eine längere Fahrt mit unserem Fahrer in den Norden des Landes. Den ganzen Tag besichtigten wir Einrichtungen, die von einer örtlichen Hilfsorganisation mit Hilfe von Spendengeldern gebaut wurden, die auch aus unserer ostbayrischen Heimat stammten. Wir besichtigten eine Schule mit Ganztagesbetreuung und eine Suppenküche, bei der arme, betagte Menschen zum gemeinsamen Mittagessen zusammenkamen. Am frühen Abend ging es zurück in die Hauptstadt. Es war Zeit für das Abendessen und für den obligatorischen Suveniri-Kauf (im einzigen Souvenirladen der Stadt!). Zudem besuchten wir einen Weihnachts-markt unweit des Präsidentenpalastes und des Opernhauses…
Letzter Tag in Kischinau
In unserem Hotel war der Check-out bis 12 Uhr möglich. Dies nutzten wir, um am Vormittag noch einmal Kischinau zu besichtigen. Vom Triumphbogen und der anliegenden Catedrala Nașterea Domnului aus gingen wir weiter zum Präsidentenpalast und zu den zahlreichen orthodoxen Kirchen am Bulevardul Ștefan cel Mare și Sfînt, der Hauptstraße der Stadt. Zudem gingen wir selbstverständlich zur deutschen Botschaft. Zum Ende hin besuchten wir den großen Friedhof unweit unseres Hotels. Dann hieß es auch schon bereit machen für die Rückreise. Um kurz vor 12 Uhr verließen wir das Hotel…
Der Rückflug
Unser Fahrer holte uns pünktlich vom Hotel ab und brachte uns zum Flughafen. Dort angekommen verabschiedeten wir uns und bedankten uns für die Fahrten. Am Flughafen gab es erstmal ein kleines Mittagessen, zu einem vergleichsweise günstigen Preis. Viel Auswahl war allerdings nicht geboten, es gab zwei Restaurants, eines davon hatte aufgrund einer fehlenden Lieferung nicht mal Essen. Nach dem Essen gaben wir das Gepäck auf und gingen durch die Sicherheits- und Passkontrolle. Nach der Passkontrolle landet man direkt im Duty-free-Shop, den man durchqueren muss, um zu den Gates zu gelangen. Dort kaufte ich eine Flasche Roséwein aus Cricova. Lustigerweise sind im Duty-free-Bereich alle Preise schon wieder in Euro angeschrieben. Langsam aber sicher näherte sich der Rückflug. Mit dem Bus ging es zu einer anderen ukrainischen Maschine, die FlyOne geleast hat. Sicher brachte die Maschine uns zurück nach München. Zurück in München merkten wir, dass wir an einem Busparkplatz und nicht an einer Fluggastbrücke geparkt haben. Zudem landete neben uns eine Maschine aus Istanbul, wodurch entsprechend Wartezeit an der Passkontrolle war. Dank der automatischen Passkontrolle kamen wir aber dennoch vergleichsweise zügig durch. So erwischten wir noch den nächsten Zug, den wir in der ursprünglichen Planung eigentlich schon abgeschrieben haben. Mit leichter Verspätung kamen wir gegen 19:30 Uhr wieder zuhause an, wobei wir beide merkten, dass wir uns eine saubere Erkältung eingefangen haben…
Fazit
Moldawien ist definitiv eine Reise wert. Neben dem gewissen Charme der Sowjetbauten sind vor allem die vielen orthodoxen Kirchen und die Sehenswürdigkeiten in Kischinau sehenswert. Auch kulinarisch hat das Land viel zu bieten. Ein Muss auf jeder Moldawienreise ist Orheiul Vechi und Cricova. Zudem bietet einem das Land viele Eindrücke. Die Armut der meisten Menschen ist spürbar. An dieser Stelle gilt es die Hilfsorganisationen zu würdigen, die sich für diese Menschen einsetzen. Zu beachten gilt, dass der Staat besondere Auflagen für die Organisationen festlegt, um Veruntreuung von Spendengeldern zu verhindern. So wird sichergestellt, dass das gespendete Geld auch wirklich ankommt. Besonderer Dank gilt unserem privaten Fahrer vor Ort. Dies war definitiv nicht die letzte Reise nach Moldawien, besonders weil noch ein spezielles Gebiet (Transnistrien) auf einen Besuch wartet. Bis dahin bleibt es anzumerken: Distracție plăcută citind acest blog! und До свидания! (um an einer Stelle eine inoffizielle Amtssprache zu würdigen)
J. Stadtherr